Liedpredigt: "Es kommt ein Schiff geladen"  ....................................................13.12.15


 

Liebe Gemeinde,

 

"Es kommt ein Schiff geladen", um dieses Lied soll es heute in der Predigt gehen. Es ist das Lied 8 im Gesangbuch, wenn Sie mögen, können Sie es ja schon mal aufschlagen.

 

Advent heißt übersetzt Ankunft, wir leben in dieser Zeit stärker als vielleicht sonst in Erwartung. In Erwartung dessen, der da kommt, der Heiland, aber auch der Weltenrichter, der Herr dieser Welt. Ja, wer da letztendlich kommen wird, das können wir uns eigentlich gar nicht wirklich vorstellen, es lässt sich nur in Bildern beschreiben. Darum benutzt Daniel Sudermann hier das Bild des Schiffes. Wenn wir am Meer stehen, können wir ein Schiff schon ganz lange sehen, bevor es den Hafen erreicht. Voller Spannung und Erwartung können wir beobachten, wie dieses winzige Pünktchen am Horizont immer größer wird, allmählich sind Masten und Aufbauten zu erkennen und immer deutlicher werden Konturen und Abmessungen. Wir fragen uns, wo kommt dieses Schiff her, was bringt es, was hat es geladen. In dieser gespannten Erwartungshaltung lädt uns der Dichter ein, zu leben, eigentlich nicht nur zu Advent.

 

Bevor ich Sie nun einlade, die einzelnen Strophen mit mir zu betrachten, lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die Melodie werfen.

 

Wir hören sie mal von der Orgel:

 

Es fällt auf: sie ist quasi zweigeteilt. Zunächst geht es los in gemütlichen Halben und Vierteln, langsam, getragen, die Melodie wiegt uns.

Dann, im zweiten Teil, werden aus den Halben Viertel und aus den Vierteln Achtel, es wird also doppelt so schnell. Wir können das quasi mit verteilten Rollen singen. Die Männer beginnen mit dem langsamen Teil, bis "Bord" dann setzen die Frauen ein, mit dem zweiten Teil.

 

Wir probieren das mal und singen die erste Strophe:

 

Es ist schon faszinierend, wie gut hier die Melodie zum Text passt. Der erste Teil malt uns ein Bild vor Augen, das Bild eines ganz gewöhnlichen großen Schiffes. Der zweite Teil eröffnet uns, was dieses Schiff geladen hat, und das ist alles andere als gewöhnlich: Gottes Sohn, ja eigentlich nur ein Wort, eine Stimme, des Vaters ewiges Wort.

 

Ein Wort, das schon Himmel und Erde, Licht und Finsternis, Meer und Land ins Dasein gerufen hat. Ist es nicht durchaus biblisch, sich diesen Gott, den Vater Jesu Christi als Stimme vorzustellen? Als Stimme, die alles ins Leben rief, was ist, die zwar immer präsent, immer da ist, aber auch schweigen kann und dann eben nicht mehr für uns verfügbar ist? Der Evangelist Johannes greift diese etwas mystische Vorstellung auf, indem er schreibt: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Dieses Wort bringt also das Schiff.

 

Wir singen die zweite und dritte Strophe, wieder beginnen die Männer.

 

Auch hier zunächst gewöhnliche Bilder, die sich auf das Schiff beziehen: "Das Schiff geht still" fährt langsam, "es trägt ein teure, kostbare, Last" oder "Anker" und "Land". Es ist immer erst der zweite, schneller gesungene Teil, wo Bilder übertragen werden. Da ist das Segel die Liebe oder der Mast, der das Segel hält, der heilige Geist. Ein Segel treibt ein Schiff an. Der, der da kommt, das Wort, wird also getrieben von der Liebe und gehalten vom heiligen Geist. Ja, mehr noch, der Mast ist eigentlich das wichtigste an einem Segelschiff. Ohne Mast ist das Segelschiff kein Segelschiff, er bietet ihm die Exitenzgrundlage. Also dürfen wir verstehen: Das Wort, das da auf die Erde kommt, würde ohne den Geist nicht bei uns ankommen hätte ohne Gottes guten Geist keinen Zugang in unser Herz. Ziemlich mystisch das Ganze, darum ist es gut wenn es die dritte Strophe etwas auf den Punkt bringt und die Worte des Johannes aufnimmt und singt: "Das Wort tut Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt.

 

Wir singen die vierte Strophe ganz normal

 

Hier hören die Bilder auf, wir dürfen erahnen, dass das Schiff nun angelegt hat, in einem knappen Satz wird hier die Weihnachtsgeschichte erzählt. So könnte dieses Lied eigentlich sehr versöhnlich enden. Aber es folgen noch zwei Strophen. Wir singen sie in normaler Weise.

 

Diese beiden letzten Strophen haben schon Jesu Passion und Auferstehung im Blick. Ganz einfaches Fazit ist hier, Weihnachten wäre ohne Ostern sinnlos. Wer das Kind in der Krippe feiert, kommt auch an dem Mann am Kreuz nicht vorbei. Wir sollen nicht nur das Kind in unser Herz aufnehmen, sondern Christus ganz.

 

Christus, das Wort des Vaters soll in unser Herz einziehen, und dann durch uns in dieser Welt lebendig bleiben, auch wenn es nicht von allen mit Freuden aufgenommen wird und wir manchmal unter Unverständnis und Spott auch zu leiden haben. Wir werden, wenn wir Christus so ganz aufnehmen und weiter sagen doch am Ende das ewige Leben erben.

 

Barbara Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,

der bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

 

Wir singen das ganze Lied noch einmal. 1-3 im Wechsel, den Rest normal

 


Predigt: "Seligpreisungen"                      ...........................................................01.11.15


 

Mt 5,1-12 Die Seligpreisungen

 

Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich;

und seine Jünger traten zu ihm.

 

2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:

 

3 Selig sind, die da geistlich arm sind;

denn ihrer ist das Himmelreich.

 

4 Selig sind, die da Leid tragen;

denn sie sollen getröstet werden.

 

5 Selig sind die Sanftmütigen;

denn sie werden das Erdreich besitzen.

 

6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit;

denn sie sollen satt werden.

 

7 Selig sind die Barmherzigen;

denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

 

8 Selig sind, die reinen Herzens sind;

denn sie werden Gott schauen.

 

9 Selig sind die Friedfertigen;

denn sie werden Gottes Kinder heißen.

 

10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;

denn ihrer ist das Himmelreich.

 

11 Selig seid ihr,

wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen

und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.

 

12 Seid fröhlich und getrost;

es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.

Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten,

die vor euch gewesen sind.

 

Liebe Gemeinde,

 

ich möchte unseren heutigen Predigttext aus drei unterschiedlichen Perspektiven mit Ihnen betrachten: 1. Die Seligpreisungen in unserer Welt und Zeit, 2. Die Seligpreisungen zur Zeit Jesu, 3. Die Seligpreisungen an Allerheiligen.

 

Also zunächst die Seligpreisungen in unserer Welt und Zeit:

na, da haben wir es ja, hier steht es schwarz auf weiß, wer sich zu Gott hält, der hat schlechte Karten, wird verlacht, nicht ernst genommen und im schlimmsten Fall verfolgt und getötet.

 

Und das war schon immer so, schon zur Zeit der Propheten, also schon zur Zeit vor Christus. Wer sich zu diesem Gott bekennt, ist in der Minderheit, ist Außenseiter. Ist es da nicht einfacher, nicht zu glauben? Oder sich jedenfalls nicht öffentlich zu diesem Gott zu bekennen und eher gleichgültig dem Weltenlauf zuzusehen?

 

Selbst Helmut Schmidt sagte: "mit der Bergpredigt lässt sich keine Politik machen. Die Bergpredigt, ja unser ganzer Glaube ist unpopulär, er stellt sich dieser Welt entgegen, verheißt eine bessere Welt, allem Augenschein zum Trotz, verheißt Hoffnung, inmitten von Hoffnungslosigkeit, er verheißt Frieden in einer durch und durch friedlosen Welt.

 

Sind Christen oder Menschen, die sich zu dem Gott, der letztendlich dies alles verheißt dadurch weltfremde Träumer?

 

Schauen wir uns doch einmal an, wer in unserem Text der Seligpreisungen angesprochen wird: Selig sind, die da geistlich arm sind, die da Leid tragen, die Sanftmütigen, selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, selig sind die Barmherzigen, selig sind, die reinen Herzens sind und die Friedfertigen oder die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.

 

Das sind, meine ich, überwiegend Menschen, die mitten im Leben stehen, die Anteil nehmen an dem Geschick dieser Welt, die nicht selten an dem Ergehen dieser Welt leiden und sich gerade darum ihr entgegen stellen.

 

Menschen, die fest in ihrem Glauben verwurzelt sind, sind nicht weltfremd. Ganz im Gegenteil, sie kennen Gottes wunderbare Verheißungen für eben diese Welt. Und sie lassen sich auch nicht vertrösten auf ein besseres Jenseits, denn spätestens nach Christus wissen sie, wissen wir: das Reich Gottes ist schon jetzt mitten unter uns. Wo ein Trauernder durch Gottes Wort getröstet wird, da ist Gottes Reich gegenwärtig, wo etwas mehr Mitmenschlichkeit und Gerechtigkeit durch christlichen Einsatz geschieht, da schauen wir Gottes liebendes Angesicht schon inmitten dieser Welt. Spätestens hier merken wir, wie aktuell diese Verse sind. Bedenken wir nur, wie viel ehrenamtliches Engagement in den letzten Wochen und Monaten in Bezug auf die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen geleistet wurde. Das zeigt uns, Gott braucht uns als Christen, um sein Reich in dieser Welt zu bauen. Gott braucht uns, um seinen Willen in dieser Welt geschehen zu lassen. Er braucht Sie und mich, die auf sein Wort hören, es weiter sagen und danach handeln. Nur so kann wahr werden, was Gott sich für diese Welt wünscht: Nur so werden geistlich Arme das Himmelreich schauen oder Leidtragende getröstet oder die Sanftmütigen das Erdreich besitzen oder Barmherzige Barmherzigkeit erlangen. Gehen wir aufmerksam und wach durch unser Leben,so bemerken wir vielleicht hier oder dort staunend, da hat Gott durch mich gehandelt, dieses oder jenes habe ich nicht ausschließlich aus eigenem Antrieb getan, da war sein guter Geist in mir am Werke.

 

2. Die Seligpreisungen zur Zeit Jesu:

Wie kam dieser Mann aus Nazareth eigentlich dazu, die Menschen, die sich um ihn drängten, mit solchen wunderbaren Verheißungen zu trösten und zu stärken? Wurde nicht auch er getrieben von jemand anderem? Jesus sagt an anderer Stelle, "Wer mich hört, hört den Vater." Also wird auch er vom Geist Gottes getragen und geführt. Wie viel näher kommt er uns dadurch.

 

Und dann gehört er ja genau zu denen, die unter dieser Welt leiden. Er trägt das Leid der vielen, die er tröstet und heilt. Dabei weiß er, wo er selbst getröstet wird, beim Vater. Er selbst ist sanftmütig und barmherzig. Und wie sehr es ihn hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, können wir, glaube ich, gar nicht ermessen. Als friedfertiger Mensch mit reinem Herzen steht uns Jesus vor Augen. Und wir wissen, er ist um seines Glaubens willen und um der Gerechtigkeit willen verfolgt, gefoltert und hingerichtet worden.

 

Aber in allem hielt er sich an Gott, an diesen Gott, der seine Menschen liebt, hält und trägt. Er macht sich ganz und gar fest an ihm, holt sich von ihm immer wieder neue Kraft. Ja, selbst im Sterben ruft Jesus seinen Gott an. Er tut dies mit den alten Psalmworten: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" und schließlich stirbt er mit den Worten des alten Simeon: "Vater in Deine Hände befehle ich meinen Geist." Wer so festgemacht an Gott lebt und auch stirbt, den kann der Tod nicht festhalten, der wird leben.

 

Welch ein Trost ist dies am Rande bemerkt auch für uns und unsere Verstorbenen, die wir im Glauben losließen, auch sie wissen wir nun lebendig bei Gott.

 

Wer so im Vertrauen auf Gottes Gegenwart lebt wie Jesus Christus, der bekommt auch Vollmacht zu verheißen, dass Trauernde getröstet werden, Sanftmütige das Erdreich besitzen werden oder Friedfertige Gottes Kinder heißen. Wohl denen, die diesen Herrn Jesus Christus kennen und lieben lernen und dadurch an das Wort des Vaters glauben können, das mitten in unser Leben greift und uns tröstet, trägt und stärkt und uns so zu Gottes Kindern macht, wohl uns.

 

3. Die Seligpreisungen an Allerheiligen.

Sehr bewußt ist dieser Text der Seligpreisungen für den Tag ausgewählt worden, an dem unsere katholischen Geschwister der Heiligen gedenken. Warum ist das so und warum taucht dieser Tag eigentlich überhaupt im liturgischen Kalender der evangelischen Kirche auf?

 

Ich denke, es hängt mit dem rätselhaften Wort "heilig" zusammen. Wer oder was ist heilig? Sonntag für Sonntag beten wir im Vaterunser "geheiligt werde Dein Name". Grundlegend ist, dass Gottes Name heilig ist und nicht das Handeln der Menschen. Im Vaterunser bitten wir um die Teilhabe an Gottes Heiligkeit, wir wollen dazu gehören, zu ihm gehören, an ihm uns fest machen. Habe ich nicht davon in Bezug auf die Seligpreisungen schon gesprochen? Sind es nicht genau die, die Jesus da selig preist, die sich zu Gott halten und darum eigentlich auch heilig sind?

 

Ein spannendes Wortspiel, Aber ganz egal ob selig oder heilig, wir halten fest, ausschlaggebend ist, das wir uns zu Gott halten, so vertrauensvoll, wie Jesus es tat und vom heiligen Geist geführt werden an jedem Tag neu und in all unserem Tun.

 

Und der Friede Gottes ...

Predigt "Der verlorene Sohn"                          ..........................................................21.06.15

 

Predigttext: Lk 15, (1-3).11b-32

 

 

15,11 Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.

 

15,12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem

Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht.

Und er teilte Hab und Gut unter sie.

 

15,13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere

Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land;

und dort brachte er sein Erbteil durch mit

Prassen.

 

15,14 Als er nun all das Seine verbraucht hatte,

kam eine große Hungersnot über jenes Land, und

er fing an zu darben

 

15,15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger

jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker,

die Säue zu hüten.

 

15,16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen

mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand

gab sie ihm.

 

15,17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele

Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben,

und ich verderbe hier im Hunger!

 

15,18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater

gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt

gegen den Himmel und vor dir.

 

15,19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich

dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!

 

15,20 Und er machte sich auf und kam zu seinem

Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah

ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und

fiel ihm um den Hals und küßte ihn.

 

15,21 Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich

habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich

bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn

heiße.

 

15,22 Aber der Vater sprach zu seinen Knechten:

Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es

ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und

Schuhe an seine Füße

 

15,23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's;

laßt uns essen und fröhlich sein!

 

15,24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist

wieder lebendig geworden; er war verloren und ist

gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu

sein.

 

15,25 Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und

als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und

Tanzen

 

15,26 und rief zu sich einen der Knechte, und

frag, was das wäre.

 

15,27 Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen,

und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet,

weil er ihn gesund wieder hat.

 

15,28 Da wurde er zornig und wollte nicht

hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat

ihn.

 

15,29 Er antwortete aber und sprach zu seinem

Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und

habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast

mir nie einen Bock gegeben, daß ich mit meinen

Freunden fröhlich gewesen wäre.

 

15,30 Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist,

der dein Hab und Gut mit Huren verpraßt hat, hast

du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.

 

15,31 Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist

allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das

ist dein.

 

15,32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes

sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder

lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Liebe Gemeinde,

 

wie gut kennen Sie diese Geschichte vom "verlorenen Sohn"? Ich weiß noch, wie lebendig sie mir im Kindergottesdienst erzählt wurde, und im kirchlichen Unterricht haben wir sie szenisch dargestellt.

 

Schon damals fand ich es unmöglich und makaber, dass sich dieser Sohn noch zu Lebzeiten des Vaters sein Erbe auszahlen lässt und diesen dadurch praktisch schon für tot erklärt. Und wie unvernünftig er mit diesem Vermögen handelt. Anstatt sich eine vernünftige, solide Existenz aufzubauen, bringt er das ganze Geld durch mit Prassen, steht dort. Ich habe mir damals vorgestellt, was das wohl für ein Leben gewesen sein muss, das er da geführt hat: tolle Partys, ausschweifendes Nachtleben, heute hier, morgen da. Und dann? Dann war die Knete weg. Soll er doch die Schoten der Säue essen, das geschieht ihm ganz recht, dachte ich damals als Jugendliche. Wer nichts tut, aus dem wird auch nichts. Eine Einstellung, die ich als Jugendliche wohl oft zu spüren bekam und die mich dazu bewog, mich wohl eher mit dem anderen Sohn zu identifizieren, der brav daheim bleibt und Tag für Tag auf dem Hof seines Vaters schuftet. Ich konnte damals so richtig nachempfinden, wie wütend er wohl gewesen sein muss. Da kommt er hungrig und müde vom Feld und vom weiten steigt ihm schon Grill-Geruch in die Nase. Das gemästete Kalb, na toll, das er so gern für eine Feier mit seinen Freunden gehabt hätte. Und warum? nur weil sein chaotischer Bruder, der den Vater so betrogen hat, wieder aufgetaucht ist? Bestimmt holt der sich nur Geld und verdrückt sich wieder. Aber was ist mit Vater los? Sein seit Wochen fades und eingefallenes Gesicht ist wieder jung und frisch. Und die Augen, die oft voller Tränen waren, leuchten vor Freude. Er muss sich wohl schon sehr große Sorgen gemacht haben, das ist mir auf die Dauer gar nicht mehr so aufgefallen. Aber jetzt, jetzt strahlt mein alter Vater und freut sich. Tot geglaubt hat er meinen Bruder und jetzt ist er lebendig und gesund zurück. Na, da kann auch ich nicht mehr bockig sein und muss mich einfach mit freuen.

 

Soweit meine jugendlichen Phantasien damals. Und heute, 25 Jahre danach und mit einer Portion theologischem Grundwissen? Ich möchte Sie mitnehmen auf eine spannende Entdeckungsreise: In den Niederlanden gibt es eine andere Art, die Bibel zu lesen, die sogenannte Amsterdamer Theologie. Sie sieht die Bibel als literarisches Gesamtwerk und gibt sich nicht mit der Frage ab, was wer wann geschrieben haben könnte und warum, so wie wir das oft tun. Nein, die Amsterdamer Theologie sie liest die Bibel als Gesamtwerk und sagt darüber hinaus: das Neue Testament ist nichts ganz Neues, es ist vielmehr eine Interpretation des Alten. Nun - was heißt das? Es heißt, dass wir beim Lesen der Bibel immer wieder auf Parallelgeschichten stoßen. Geschichten die ein und dasselbe Thema vielleicht ganz unterschiedlich beleuchten und verarbeiten, aber zu der selben Kernaussage kommen und diese vielleicht vertiefen und verdichten.

 

So bin ich als Parallelgeschichte zu der Geschichte vom "verlorenen Sohn", um die es ja heute geht, auf die Geschichte Jakobs gestoßen. Wir erinnern uns:

 

Jakob und Esau, die Söhne Isaaks. Jakob, auch der jüngere Sohn, genau wie in unserer Geschichte, erschleicht sich sein Erstgeburtsrecht. Auch hier geht es um das Erbe. Und er flieht, bevor sein Bruder ihn erschlägt. Jakob geht und er hat ein schlechtes Gewissen und Angst vor dem Zorn seines Bruders. Irgendwo macht er Rast und legt sich zum Schlafen nieder. Da begegnet ihm Gott, unser himmlischer Vater im Traum. Auch dieser Vater macht ihm keine Vorwürfe für das, was nach menschlichem Ermessen Unrecht war. Nein, auch dieser Vater nimmt Jakob im übertragenen Sinne erst einmal in seine Arme. "Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Aabrahams und der Gott Isaaks" sagt dieser. Und das Wörtchen, das Luther mit den vier großen Buchstaben HERR übersetzt symbolisiert den Gottesnamen: "Ich bin da" "Ich bin auch in dieser Nacht der Flucht, der Angst und der Anfechtung mit Dir Jakob." Das ist fast schon mehr als die Umarmung des Vaters in unserer Geschichte vom "verlorenen Sohn". Und wie in unserer Geschichte der Vater den Familienbund erneuert, indem er dem Sohn den Siegelring der Familie ansteckt, so erneuert Gott seinen Bund mit Jakob indem er ihn im weiteren Verlauf der Geschichte segnet und ihm einen neuen Namen gibt, den Namen Israel.

 

Ich finde es spannend, diese beiden Geschichten einmal so parallel zu sehen und miteinander ins Gespräch kommen zu lassen. Was haben wir für einen Vater, der den Namen "ich bin da" trägt und der uns annimmt und immer wieder liebevoll in die Arme schließt, egal was wir auch verbockt haben und wie weit wir ihm davongelaufen sind. Er erwartet uns sehnsüchtig, so wird es in unserem Gleichnis beschrieben. Er kommt uns entgegen, wenn wir wie Jakob Reue zeigen oder wie der verlorene Sohn umkehren.

 

Und das Beste ist, er erneuert seinen Bund mit uns. In jedem Abendmahl, wenn wir an den Tisch des Herrn treten und Brot und Wein schmecken. Dann ist er da, wischt all unsere alten Verfehlungen weg und fängt ganz neu mit uns an. Und er ruft uns zu: "Ich bin bei Dir, das ist mein Name, jeden Tag werde ich bei Dir sein, auch in den Nächten der Schmerzen, der Angst und der Verzweiflung, auch und erst recht dann heißt mein Name "ich bin da". Aber auch in Zeiten des Glücks und der Zufriedenheit.

 

Ich wünsche Ihnen, liebe Gemeinde, dass Sie diesen Ruf recht oft vernehmen, durch allen Lärm unseres Alltags hindurch, an bösen wie an guten Tagen.

 

Barbara: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,

bewahre unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu.

Amen.


Liedpredigt eg 112                                           ...........................................................Ostern


 

Liebe Gemeinde,

um ein Lied soll es heute in der Predigt gehen.

 

Der Chor summt uns erst einmal nur die Melodie dieses Lides vor.

 

 

 

Chor: Auf auf mein Herz mit Freuden (gesummt, aus den Bänken)

 

 

 

Predigt ...Na? Haben Sie die Melodie erkannt?

 

Ja, es ist das Lied 112 „Auf, auf mein Herz mit Freuden" von Paul Gerhardt.

 

Wie schön hört sie sich an. Empfinden Sie da nicht auch so eine tiefe, innere Freude, wenn Sie diese Melodie hören? Ich finde, sie ist einfach schön gemacht.

 

 

 

Der erste Teil wird wiederholt. Ein zweiter, kurzer Teil wird auch wiederholt, aber einen Ton höher gesetzt und dann führt uns die Melodie in lustigen Sprüngen in die Höhe zu einem offenen Schluss. Als ob da nach noch etwas käme, Erwartung, Hoffnung, Glaubenshoffnung. Viel könnte man jetzt in diesen Schluss hinein interpretieren, vielleicht auch, dass mit Ostern etwas ganz Neues beginnt, über dessen Ausgang wir noch nichts wissen.

 

 

 

Wir singen die erste und zweite Strophe

 

 

 

Die erste Strophe geht noch einmal auf das Karfreitagsgeschehen ein, wobei Wahrnehmen immer noch mehr bedeutet, als Sehen. Wenn ich etwas wahrnehme ist dabei mehr beteiligt, als nur die Augen und das Gehirn, Wahrnehmen tue ich immer mit Leib und Seele, oder wie Paul Gerhardt es hier beschreibt, mit dem Herzen. Ich empfinde hier das Karfreitagsgeschehen noch einmal, aber von Ostern her, in der Gewissheit und der Freude, dass Christus nicht mehr im Tode ist, dass er auferstanden ist.

 

 

 

Gerhardt setzt diese österliche Erfahrung quasi sofort in die Praxis um, wenn er singen lässt: "da, wo man uns hinträgt, wenn von uns unser Geist gen Himmel ist gereist." Das ist das Wissen und die Hoffnung, dass Ostern Konsequenzen hat für unser Leben und Sterben, dass wir seit Christi Tod und Auferstehung eben nicht im Tode bleiben müssen, sondern mit ihm leben dürfen. Auch die Melodie reißt uns aus der Tiefe des Todes heraus und weist in großen Sprüngen nach oben. Ein starker Trost!

 

 

 

In der zweiten Strophe erfahren wir, Ostern ist Befreiungsfest, genau wie das Passah-Fest Jahr für Jahr als großes Befreiungsfest aus der Sklaverei gefeiert. Hier ist Christus frei, befreit von Hölle und Tod, und mit ihm auch wir.

 

 

 

Wir singen die dritte, vierte und fünfte Strophe

 

 

 

Nun wird das Ostergeschehen auf vielerlei Weise gedeutet: Mut erwächst mir aus Ostern. Die Welt soll mir nun nichts mehr anhaben können.

 

 

 

In der vierten Strophe wird dann genau so locker und leicht von Hölle, Sünden und Tod gesungen. Auch diese Dinge krümmen uns seit Ostern kein Haar mehr, können uns laut Gerhardt nicht mehr schrecken.

 

 

 

Können wir das so locker und so leicht annehmen und mitsingen, wo uns schon jede Krankheit Angst macht und wir uns hin und wieder schon fragen, hat unser Glaube, haben wir wirklich Bestand auch über den Tod hinaus?

 

 

 

Das ist das Schöne am Singen, es wird in unseren Mund gelegt, steht uns zugleich fremd gegenüber. Es berührt vielleicht als Ahnung oder Hoffnung unser Herz.

 

 

 

Die fünfte Strophe geht noch einmal auf die Welt ein. Durch Christi Auferstehung wird einfach alles umgekehrt: Zorn wird zum Lachen, das Unglück wird zum Glück, die Nacht zum Sonnenblick.

 

 

 

Kehrt Ostern uns um? Rufen wir uns mal kurz das Bild ins Gedächtnis von Maria am Grab. Sie schaut ins Grab hinein und weint. Dann wird sie von hinten angesprochen und indem sie sich umkehrt und abwendet vom Grab, vom Tod, erkennt sie den Auferstandenen.

 

 

 

Wie ich finde, ein ganz wunderbares Bild von Ostern. Wenn ich mich abwende vom Tod, wenn ich zwar um seine Existenz weiß, aber ihm jedoch, und allen anderen Dunkelheiten in meinem Leben nicht zu viel Raum gebe. Dann erfahre ich Leben, dann wird mir der Blick für das Ewige Leben geweitet.

 

 

 

Paul Gerhardt nimmt diese Umkehrung in seinem Lied auf.

 

 

 

Wir singen die Strophen 6 - 8

 

 

 

Hier geht es um Nachfolge. Zunächst wird das biblische Bild von dem einen Leib und den vielen Gliedern aufgenommen. Ich folge ihm und er nimmt mich mit, das Eine ist Voraussetzung für das Andere.

 

 

 

Wir haben einen Gott, der uns entgegen kommt, damit wir ihm nachfolgen, einen Gott, der auf Kommunikation und Interaktion ausgerichtet ist. Das wird in diesen Strophen aufgenommen.

 

 

 

In der sechsten Strophe wird Jesu Leben skizziert bis Karfreitag. Aber das Lied bleibt nicht bei Karfreitag stehen. Wer Jesu nachfolgt, der wird hindurch gerissen durch diese Welt und auch durch den Tod. Wer Jesu nachfolgt dessen nimmt er sich am Ende an, der darf bei ihm still werden. Alle Trennung ist dann aufgehoben.

 

 

 

Ein etwas sehr romantisches Bild malt die letzte Strophe, aber hier findet schließlich all unsere österliche Hoffnung ihre Vollendung.

 

 

 

 

 

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,

 

bewahre unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu.

 

Amen.